ADHSler*innen brauchen Routinen heißt es. Für viele ist es auch ein richtiger Sehnsuchtsort: “Wenn ich erst mal die Routinen habe…“
Stimmt das? Und wie geht das?
Beim Wort „Routinen“ empfinde ich schnell Druck
Ich habe bei mir festgestellt, dass auch wenn ich immer dachte, ich brauche Routinen und gewisse Strukturen mir auch gut tun, andererseits das Wort „Routinen“ bei mir Fluchtreaktionen auslöst.
Denn Routinen und Gewohnheiten aufzubauen – das ist Arbeit, und ich empfinde schnell einen gewissen Druck dabei – was es schwer macht. Und ich mag es nicht schwer. Ich mag es mir gern leicht machen.
Was mir leichter fällt, als Routinen aufzubauen, ist, Verhalten zu ändern. Also ungünstiges Verhalten in günstigeres umzuwandeln.
Wahrnehmen wie es jetzt ist.
Und wenn ich so überlege, wie ich das in der Vergangenheit hinbekommen habe, dann viel über die Wahrnehmung dessen, was ist und was ich bisher tue. Wahrnehmen, wie es sich anfühlt, mit dem ungünstigen Verhalten zu leben.
Um mir, wenn die Zeit reif ist, zu sagen: das will ich nicht mehr, ich will dieses Gefühl nicht mehr.
Ich will das andere, das angenehmere Gefühl in meinem Leben haben. Und das führt dann zu dem Suchen neuer Lösungen und zu neuem Verhalten. Welches dann nicht immer sofort eine Routine ist.
Ich erlebe gerade schon Widerstände, wenn ich das Wort „Routine“ hier schreibe. Dabei putze ich mir regelmäßig die Zähne oder wasche mir die Hände, wenn ich auf Toilette war. Ich weiß nicht wie es dir geht, aber das sind ja Routinen! Dennoch ist mir wohler mit dem Begriff „Verhalten“. Mir ist sehr bewusst, warum ich diese Dinge tue, es ist mir sehr wichtig, so zu handeln.
Neue Verhaltensweisen vs. Routinen aufbauen
So ist es auch, wenn ich andere neue Verhaltensweisen aufbauen will.
Zum Beispiel:
- Ordnung zu halten
- wann und wie ich abends ins Bett gehe oder
- mich an den Schreibtisch zu setzen, um bestimmte Dinge regelmäßig abzuarbeiten.
Dann kann ich das nicht, weil ich jetzt sage, ich bau meine Routinen auf!
Ich kann das, indem ich immer wieder bemerke, wie es ist, wenn ich diese Dinge nicht mache und stattdessen wieder einmal das ungünstige Handeln wähle.
Akzeptanz
Ganz wichtig dabei ist, dass es ok ist, dass dieses ungünstige Verhalten da ist. Es darf da sein. Ich beobachte und nehme wahr, wie mein Leben mit diesem Verhalten ist. Ich frag mich auch: wie fühlt es sich in meinem Körper an? Meistens ist da dann ein Druck oder ein Wirbel im Brustkorb.
Und irgendwann fängt es an, ein solches Maß an „unangenehm“ zu erreichen, dass ich bereit bin, etwas zu verändern. Es hilft mir auch zu bemerken, was ich durch das ungünstige Verhalten alles nicht erreiche oder nicht machen und haben kann.
Und dann beginne ich, Dinge anders zu machen. Mit einem guten Gefühl zu mir und den Dingen, um die es geht. Was mir daran gefällt, ist, dass ich so meine Freiheit behalte und ohne Druck arbeite. „Wo Druck ist, kann nicht Schwingung sein“, sagen wir in der Stimmtherapie…
Wenn mein Körper und ich begriffen haben, was wir nicht mehr wollen und ich bewusst dafür sorge, dass sich Haushaltsführung, Schlafen gehen oder notwendiger Papierkram nicht mehr so schlecht, sondern gut anfühlt, dann ist es eine Wahl, die ich treffe und die ich immer wieder treffe.
Und dann kann es leicht sein.
Regelmäßigkeit entwickeln
Jetzt kann ich beginnen, Regelmäßigkeit reinzubringen. Was dabei hilft sind:
- „Accountability“ – Partner: Freund:in, Coach oder Partner:in, die mich im Geiste und/oder real begleiten.
- Tagebuch darüber schreiben (Wunschverhalten und Erfahrungen notieren).
- Erinnerungen im Handy (auch eine Art „Accountabiltiy“Partner).
- Karteikarten oder Post-its in der Wohnung, die mich erinnern, dass das gerade mein Projekt ist.
Was denkst du dazu?
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